Banteay Thom
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Banteay Thom

 

The German Angkor Imagery Project

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Banteay Thom

Der heutige Khmer-Name "Banteay Thom" bedeutet "Zitadelle groß". Das "o" in "Thom" wird offen und kurz gesprochen.

Aufgrund seiner abgeschiedenen Lage im Nordwesten von Angkor Thom, ist der sehr hübsche mittelgroße Tempel Banteay Thom noch eine der Anlagen frei von Touristen. Sie werden kaum einen anderen Tempel im Raum Angkor finden, der zugleich so atemberaubend und so unberührt ist wie Banteay Thom. Banteay Thom und Phnom Bok sind die echten großen Erlebnisse für diejenigen, die "vergessenen Zivilisation im Dschungel" zu erleben hoffen oder einfach die perfekte Kulisse zur Kontemplation suchen.

Banteay Thom kann nur mit Motorrädern oder Mountainbikes erreicht werden. Es ist nicht leicht zu finden.

Der Tempel ist überwuchert von Gestrüpp und Gras. Ein beeindruckendes Examplar eines die Mauern umschlingenden Baums, schon zuvor verfault, fiel im März oder April 2013 schließlich vom Dach der Galerie in den Hof des Haupttempels. Nur seine Wurzeln bedecken noch die Süd-Ost-Ecke der Galerie, die die innere (sogenannte erste) Umfriedung bildet.

Banteay Thom wurde unter dem berühmten ersten buddhistischen Herrscher Angkors errichtet, Jayavarman VII. (1181 - ca.1218).

Nicht überraschend ist, dass es eine recht stattliche äußere Umfassungsmauer gibt. Die Wände sind aus Laterit, das Tor aus Sandstein. Der Haupteingang ist im Osten, wie üblich. Es gibt kein zweites Tor an einer der anderen Seiten der äußeren Umfassungsmauer. Vor dem Osttor befindet sich eine typische kreuzförmige Terrasse. Dieses äußere Tor im Osten ist von eindrucksvoller Größe und übersät mit ornamentalen und figürlichen Dekorationen, insbesondere männlichen Wächtern (Dvarapalas) und weiblichen Devatas (Apsaras). Bedauerlicherweise wurden viele Devata-Reliefskulpturen in jüngerer Vergangenheit schwer beschädigt. Banteay Thom ist ein Opfer von Kunstraub.

Das äußere Gopuram zeigte am Südgiebel einen Bodhisattva von zwei Dämonen (Ashuras) gepeinigt, die als solche erkennbar sind an ihren grimmigen Gesichtern mit Hauern. Die Bodhisattva-Skulptur fehlt jetzt. Eine dritte noch vorhandene männliche Figur, nur klein, trägt einen langen Stock in beiden Händen. Vier fliegende weibliche Figuren sieht man oben an dem Relief.

Ähnliche Reliefs, die einen gepeinigten Bodhisattva darstellen, kann man auf mehreren Türstürzen von Preah Khan in Angkor sehen und auch an Ta Prohm und Banteay Kdei und Preah Palilay in Angkor und an Wat Nokor in Kampong Cham und Ta Prohm bei Tonle Bati. Normalerweise sitzt der Bodhisattva in der Geste der Meditation, die Samadhi Mudra genannt wird.

Obwohl eine Geschichte, in der der Buddha geschlagen oder gefoltert wird, nicht bekannt ist, taucht das Thema eines geschundenen Bodhisattvas bereits im Kanon der buddhistischen Heiligen Schrift auf, dem Tipitaka (Tripitaka), und zwar im Temiya Jataka (auch als Mugapakkha Jataka bekannt). In einem seiner früheren Leben wurde der Buddha als Temiya geboren, Sohn des Königs von Benares. Aber als er die Schmerzen sah, die durch Strafmaßnahmen verursacht wurden, die ein Teil der königlichen Pflichten sind, entschied Temiya, niemals den Thron zu besteigen. Darum täuschte er vor, seine Glieder nicht bewegen zu können und stumm zu sein. Als seine Eltern versuchten, ihn mit leckerem Essen oder mit Spielzeug zu erfreuen, blieb er ungerührt. Dann versuchten sie ihn aufzuschrecken, so wurde Temiya schweren Prüfungen unterzogen, einschließlich des Schwenkens eines scharfen Schwert über seinem Kopf, ganz ähnlich den Waffen, die man auf den Khmer-Reliefs sieht. Ganz sicher soll das Sujet des „gepeinigten Bodhisattva" die Unerschütterlichkeit eines Erleuchtungswesens hervorheben.

Ein Wassergraben oder, genauer gesagt, eine Reihe von Wasserbecken, befindet sich innerhalb der zweiten (äußeren) Einfriedung. Die Pools sind mit Lateritstufen eingefasst.

Die erste (innere) Einfriedung ist vollständig von Galerien umgeben ist. Ihre Dächer sind mit Gras bewachsen, aber ansonsten in einem guten Zustand. Besucher können durch lange dunkle Tunnel voller Spinnweben streifen.

Dieser Ring von Galerien aus Laterit ist im Osten durch das innere Gopuram aus Sandstein unterbrochen. Den drei Haupttürmen zugewandt, stellt der westliche Giebel dieses Gopuram im Innenhof einen Buddha dar, er selbst nun unkenntlich, flankiert von zwei fliegenden Figuren und begleitet von weiblichen Anbetenden. Zwei von ihnen knien im oberen Register und dreizehn stehen in einer Reihe im unteren Register, jede von ihnen einen Lotos haltend. Eine ähnliche Szene kann man am nördlichen Gopuram von Preah Khan sehen. Frauen mir Lotosblumen, im Stil ähnlich erleuchteten Jüngern, sind in der buddhistischen Kunst der Khmer selten. Im Fall von Preah Khan handelt es sich wahrscheinlich um Anbeterinnen der weiblichen Verkörperung der höchten Weisheit, Prajnaparamita. Aber an Banteay Thom ist nicht ganz klar, ob es sich um Adorantinnen Buddhas oder eines Bodhisattvas oder der Prajnaparamita handelt.

Die Hauptgebäude sind drei Prasat-Türme auf einer Nord-Süd-Linie. Sie sind aus Sandstein gebaut. Ihnen gegenüber stehen zwei Bibliotheksgebäude. Im Inneren der Nordturms haben Räuber auf der Suche nach Schätzen ein Loch gegraben.

Die Mauern der Prasats sind hübsch mit Reliefs überzogen. Es gibt zahlreiche figürliche Steinmetz-Werke im Innenhof, allerdings nicht im besten Erhaltungszustand. Buddhas und Bodhisattvas sind vermutlich im späten 13. Jahrhundert mutwillig beschädigt worden, als sich unter der Herrschaft von König Jayavarman VIII der wieder erstarkte Hinduismus als intolerant erwies. Hinduistische Reliefs zeigen Vishnu auf Garuda und Aniruddha von Seilen gefangen gehalten. Einige weitere bearbeitete Steine liegen auf dem Boden.

Der südliche Giebel des südlichen Turms stellt den sogenannte "Großen Auszug" dar, der königliche Prinz Gautama Siddhartha verlässt seine Familie und den Palast auf seinem Pferd Kantaka. Um eine Abreise des zukünftigen Buddha in Stille zu erleichtern, habe die Götter (oder die Lokapalas, Hüter der Himmelsrichtungen) die Bewohner des Palastes in einen tiefen Schlaf versetzt, die Stadttore geöffnet und Kantakas Hufe mit ihren Händen getragen, wobei letzteres auf den Reliefs abgebildet ist. Die Darstellung in Banteay Thom zeigt den "Großen Auszug" auf eine besonders dynamische Weise, mit dem Pferd im Galopp und den Göttern darunter laufend.

Der nördliche Giebel des zentralen Turms zeigt den "Angriff Maras" (auch bekannt als die "Niederlage Maras"). Im zentralen Register wird eine weibliche Verkörperung der Erdgottheit von zwei Reitern flankiert. Der destruktive Mara könnte durch die Kala-Maske im unteren Register symbolisiert sein. Der Buddha an der Spitze ist durch Ausmeißeln entfernt.

In Khmer-Bildnissen dieses berühmten Ereignisses ist die Göttin der Erde, Bhumi oder Dharani, in Khmer Preah Thorani genannt, oft als Person dargestellt, im Unterschied zu indischen Darstellungen der Niederlage Maras. Durch Auswringen ihres Haars löste Dharani eine Flut aus, die die heranreitende Armee von Mara ertränkte. Mara, der Herr des Todes, griff den gerade zum-Buddha-werdenden an, um ihn daran zu hindern, durch das Erreichen der Erleuchtung den Tod (Mara) zu überwinden.

Sicherlich die beste Zeit für einen Besuch von Banteay Thom ist der Morgen.


Ernst Ando Sundermann


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